Lernen lernen: Warum Lernkompetenz die Schlüsselqualifikation des 21. Jahrhunderts ist

Unsere Welt verändert sich rasant. Berufe verschwinden, neue entstehen. Wissen, das gestern noch aktuell war, ist heute veraltet. Was bleibt? Die Fähigkeit, sich immer wieder Neues anzueignen. Lernkompetenz wird damit zur Schlüsselqualifikation – nicht nur für die Schule, sondern fürs ganze Leben.
Apr 30 / Oliver Weber
Zusammenfassung:
Lernkompetenz ist die Fähigkeit, das eigene Lernen strategisch zu planen, zu steuern und weiterzuentwickeln. Dieser Beitrag zeigt, warum Lernkompetenz im 21. Jahrhundert zur zentralen Bildungsaufgabe wird, welche Herausforderungen es bei der Förderung gibt und wie Schulen konkrete Schritte zur Verankerung unternehmen können.

Was ist Lernkompetenz?

Lernkompetenz beschreibt die Fähigkeit, das eigene Lernen bewusst, selbstständig und effektiv zu steuern. Sie umfasst unter anderem:

🧩 Lernmethoden 
🗓️ Lernplanung
🧠 Metakognition
🔄 Motivation & Stressregulation
🎯 Konzentration & Fokus
💭 Selbstbild & Mindset

Ein zentrales Missverständnis rund um Lernkompetenz ist, dass sie oft mit dem Erwerb von Lerntechniken gleichgesetzt wird – etwa Karteikarten oder Mindmaps. Doch Lernkompetenz geht viel weiter: Sie ist ein Zusammenspiel aus kognitiven, emotionalen und motivationalen Prozessen, die es Lernenden ermöglichen, selbstwirksam zu handeln und aus eigenen Fehlern zu lernen. Das schliesst auch die Fähigkeit ein, passende Strategien auszuwählen, Ziele zu setzen, den eigenen Fortschritt zu überprüfen und diese bei Bedarf anzupassen.

In einer zunehmend komplexen Welt ist nicht nur wichtig, was wir wissen – sondern wie wir mit Wissen umgehen. Lernkompetenz wird so zur Grundlage für kritisches Denken, kreatives Problemlösen und interdisziplinäres Arbeiten – Fähigkeiten, die auf dem heutigen Arbeitsmarkt essenziell sind. Auch Studien wie die der World Economic Forum's Future of Jobs Reports bestätigen: Die „Top Skills“ der Zukunft hängen direkt mit Lernkompetenz zusammen – darunter Selbststeuerung, analytisches Denken, Flexibilität und lebenslanges Lernen.[1]

Kompetenzorientierung im Lehrplan21

Der Lehrplan21 spricht konsequent von Kompetenzen. Doch bei genauerem Hinsehen zeigt sich: Gemeint sind vor allem fachliche Kompetenzen. Überfachliche Kompetenzen wie das eigenständige Lernen, Reflektieren oder Motivieren sind zwar erwähnt, bleiben aber wenig konkretisiert und strukturell benachteiligt.

Viele Lehrpersonen erkennen den Wert dieser Kompetenzen – doch es fehlen:

  • eigene Lektionen im Stundenplan,
  • eine Fachschaft, die sie vertritt,
  • und klare Zielvorgaben oder Materialien.

Was eigentlich das Fundament für schulisches Lernen wäre, bleibt oft Randthema.

Was sagt die Forschung?

  • Hattie (2009) [1]: Metakognitive Strategien und Zielsetzung gehören zu wirksamen Einflüssen auf den Lernerfolg.
  • Dunlosky et al. (2013) [2]: Methoden wie Selbsttest und verteiltes Lernen sind hocheffektiv – aber kaum bekannt.
  • OECD (2019) [3]: Lernfähigkeit, Selbstregulation und Transfer sind Kernkompetenzen für das 21. Jahrhundert.
💡 Blick in die Praxis:
Viele Schulen etablieren kurze "Lernzeitfenster" von 10–15 Minuten, in denen gezielt Lernstrategien wie Selbsttests oder Lernjournale eingeführt und reflektiert werden. Dies senkt die Schwelle zur Umsetzung im Unterricht und zeigt nachhaltige Wirkung. 

Warum Lernkompetenz schwer zu verankern ist

Viele Lehrpersonen versuchen, Lernstrategien in ihren Unterricht zu integrieren. Doch ohne systemische Unterstützung bleiben diese Versuche fragmentarisch. Es fehlt an:

  • festen Gefässen im Schuljahr,
  • klaren Verantwortlichkeiten,
  • Aus- und Weiterbildungsangeboten im Bereich Lernkompetenz.

Hinzu kommt:
Lernkompetenz ist kein „einmaliges Thema“, sondern ein Prozess, der langfristig aufgebaut werden muss – idealerweise ab der Sekundarstufe I oder früher.
✅ Das bedeutet für Schulen konkret:
Lernkompetenz braucht Raum, Struktur und Verantwortliche. Schulen sollten das Thema als Querschnittsaufgabe verstehen und koordinieren – von der Unterrichtsplanung über interne Weiterbildungen bis hin zur Schulentwicklung.

🔧 Was jetzt konkret zu tun wäre

Wenn wir Lernkompetenz nicht länger als beiläufige Fähigkeit, sondern als zentrales Bildungsziel verstehen, dann braucht es mehr als punktuelle Inputs oder gut gemeinte Einzelinitiativen. Es braucht ein systemisches Verständnis von Förderung – mit klaren Strukturen, Zuständigkeiten und hochwertigen, alltagstauglichen Materialien.

Drei konkrete Hebel zur Verankerung:

1️⃣ Struktur: Verbindliche Zeitfenster oder modulare Lernphasen im Schuljahr, in denen Lernstrategien gezielt aufgebaut und reflektiert werden.

2️⃣ Verantwortung: Gemeinsame Absprachen im Kollegium sowie ein fächerübergreifender Konsens zur Bedeutung und Umsetzung von Lernkompetenz.

3️⃣ Material: Zugang zu evidenzbasierten, altersgerechten und sofort einsetzbaren Lernbausteinen – etwa in Form digitaler Lernmodule, Arbeitsblätter oder Reflexionsfragen.

Plattformen wie LernLift verfolgen das Ziel, Schulen genau dabei zu unterstützen: Mit strukturiert aufgebautem Material entlang zentraler Lernkompetenzen, klaren didaktischen Leitlinien und digitalen Tools zur individuellen Förderung. Damit Lernen lernen kein Randthema bleibt, sondern ein integraler Bestandteil der Schulentwicklung wird.

Fazit

In einer Welt des Wandels ist die Fähigkeit zu lernen entscheidender als der Inhalt des Gelernten. Schulen müssen Lernende befähigen, ihr Lernen selbst in die Hand zu nehmen. Das geht nur, wenn Lernkompetenz nicht mehr als Nebenprodukt verstanden wird – sondern als Bildungsziel an sich. 

Quellenverzeichnis

[1] Hattie, J. (2009). Visible Learning. Routledge. (Link)
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[2] Dunlosky, J., Rawson, K. A., Marsh, E. J., Nathan, M. J., & Willingham, D. T. (2013). Improving Students’ Learning With Effective Learning Techniques: Promising Directions From Cognitive and Educational Psychology. Psychological Science in the Public Interest, 14(1), 4–58. (Link)
-
[3] OECD (2019). OECD Learning Compass 2030 – A Series of Concept Notes. OECD Future of Education and Skills 2030 Project. (Link)
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